Mit ihrer kleinen Schwester Paola am Rockzipfel steht Diana vor der Rutsche. Tränen laufen über ihre Wangen. Die Fünfjährige ist erst seit ein paar Wochen in der Casa de Cuna, und die Erinnerungen an ihre Mutter kommen immer wieder hoch. Wie sie betrunken im Dreck vor der armseligen Hütte lag, unfähig, den hungrigen Kindern etwas zu essen zu machen.
„Meine Ma ist eine Trinkerin“, sagt Diana jedem, der ihr über den Weg läuft. Immer wieder verlor die Mutter ihre Arbeit als Putzfrau, den Vater haben die Mädchen nie kennengelernt. Schließlich alarmierte eine Tante die Behörden. Die Mutter landete im geschlossenen Entzug, die Mädchen in der Casa de Cuna.
„Sie waren völlig ausgehungert, konnten nicht mit dem Besteck umgehen und wollten auf dem Boden schlafen“, erinnert sich Schwester Maria Dolores. „Weinen war ihre einzige Art zu kommunizieren.“
Knapp einen Monat später sind die Trauerattacken weniger geworden. Konzentriert sitzt Diana über einem Puzzle mit Tieren der afrikanischen Savanne. Erst fällt es ihr unendlich schwer, einen Überblick zu bekommen, die Teile wollen einfach nicht zusammenpassen. Endlich klappt es, zwei Zebras entstehen, daneben ein Löwe. „Es passt!“, ruft Diana bei jedem neuen Teil und wirft die Arme triumphierend in die Luft. Ihre Nachbarin klatscht, die Erzieherin lobt. Und für einen kurzen Moment zaubern sie damit ein Lächeln in Dianas Gesicht.