Interview

mit Emma Rodriguez Trejo
akademische Leiterin der „Casa de Cuna“

Casa de Cuna arbeitet seit fast 100 Jahren mit Not leidenden mexikanischen Kindern. Wie hat sich die Arbeit in den Jahren verändert und aus welchen Verhältnissen kommen heute die Kinder?
In der ersten Zeit waren wir ein Waisenhaus für die Kinder, die in den Kriegswirren der mexikanischen Revolution ihre Eltern verloren. Heute haben wir vor allem Kinder alleinerziehender, berufstätiger Mütter aus ärmlichen Verhältnissen. Oft ist ein Elternteil Alkoholiker oder drogenabhängig, manchmal wurden die Mütter vergewaltigt, die Familienverhältnisse sind zerrüttet. Die Eltern müssen arbeiten, um die Familie durchzubringen. Wenn es die Casa-Cuna nicht gäbe, würden diese Kinder irgendwo bei Verwandten untergebracht oder wüchsen mehr oder weniger auf sich alleine gestellt auf der Straße auf. Ich rede deshalb von den „modernen Waisen“.

Sie waren damals die erste Kinderkrippe in Querétaro, heute ist das Angebot an Kinderbetreuung größer. Was unterscheidet andere staatliche und private Tagesstätten von der Casa-Cuna?
Wir sehen unsere Aufgabe darin, den Kindern nicht nur eine gute Ausbildung und gesundes Essen zu geben, sondern auch die Nestwärme und Zärtlichkeit, die sie zuhause nicht bekommen. Und dabei hilft uns natürlich die Jungfrau Maria. Wir sagen den Kindern, dass sie die Mutter aller ist und im Himmel immer über uns wacht, selbst dann, wenn die leiblichen Mütter nicht da sind. Diese integrale Betreuung ist wichtig, denn im Gegensatz zu anderen Einrichtungen sind wir nicht nur Tagesstätte, sondern auch Internat. Ein Teil der Kinder schläft von Montag bis Freitag hier.

Sie mögen es nicht, wenn Besucher von den „armen kleinen Kindern“ sprechen, warum?
Weil in meinen Augen alle Kinder Geschöpfe Gottes sind und nur eine Gelegenheit brauchen, um sich zu entfalten. Hier bekommen Sie diese Chance, und die allermeisten nehmen sie auch wahr.

Wie wichtig ist die Unterstützung durch das Kindermissionswerk und den DFB für Sie?
Mir schlägt immer das Herz höher, wenn ich die Kinder im Unterricht besuche, und alle scharen sich um mich und ziehen an meinem Rock, weil sie mir etwas erzählen müssen. Und es gibt natürlich auch persönliche Erfolgserlebnisse, wie der von Erika, einem sehr intelligenten Mädchen, die einzige Tochter einer alleinerziehenden Mutter. Sie ist heute eine erfolgreiche Anwältin.